Vorlesungsverzeichnisse als Datenbasis

Erklärung Vorlesungsverzeichnisse

Nahezu jede Hochschule verfügt über ein online verfügbares Vorlesungsverzeichnis. In diesen sind Grunddaten zu den einzelnen Hochschulveranstaltungen dargestellt (zum Beispiel Titel der Veranstaltung, Veranstaltungsart, Zuordnung zu Studiengängen und Modulen, Kurzbeschreibungen des Kursinhalts, Dozierende und dergleichen). Häufig sind die Vorlesungsverzeichnisse anhand der Organisationsstruktur der Hochschule aufgebaut und Nutzende können sich neben der Direktsuche durch die einzelnen Hochschulebenen navigieren, bis sie nähere Informationen zu einer konkreten Veranstaltung erhalten. Die Vorlesungsverzeichnisse sind in der Regel Bestandteil eines größeren Hochschulinformationssystems. Es gibt mehrere Anbieter von Hochschulinformationssystemen, zu den wichtigsten gehören HISinOne, CAMPUSonline, CampusNet und CAS Campus. Der Aufbau und die Informationen in den Vorlesungsverzeichnissen unterscheiden sich entsprechend der Hochschulinformationssysteme und auch von Hochschule zu Hochschule mit dem gleichen Hochschulinformationssystem.

Probleme bei der Datenbasis Vorlesungsverzeichnisse

Vorlesungsverzeichnisse bringen einige Limitationen in der Analyse der Lehrentwicklung mit sich. Ein offensichtliches Problem der Datenvalidität: Dozierende und/oder Studiengangsverantwortliche hinterlegen in der Regel die Daten zu ihren einzelnen Veranstaltungen selbst. Entsprechend schwankt die Güte der Veranstaltungsbeschreibung stark - während manchmal ausführlich der Inhalt der Veranstaltung dargestellt wird, wird manchmal keine Information außer eines kryptischen Veranstaltungstitel gegeben. Weitere Probleme der Datenvalidität und Analysemöglichkeiten von Vorlesungsverzeichnissen sind: Das Gros der Veranstaltungsbeschreibungen ist eher inhaltlich geprägt, innerhalb der Veranstaltungen vermittelte Kompetenzen wie Teamarbeit, Kreativität, analytisches Denken und dergleichen werden oftmals nicht direkt benannt. Somit kann bei expliziter Nennung zwar identifiziert werden, dass ein Skill vermittelt wird, der gegensätzliche Schluss gilt jedoch nicht. Zudem sind nur in den wenigsten Fällen Angaben zu Teilnehmenden innerhalb der Vorlesungsverzeichnisse hinterlegt, eine Einordnung, ob eine Veranstaltung zwei Studierende oder tausende erreicht, ist daher oftmals nicht möglich.

Mögliche Alternativen

Alternative Datenquellen zur Analyse der Hochschullehre in Deutschland wären unter anderem Studiengangstitel/Studiengangsbeschreibungen und/oder die Modulbeschreibungen innerhalb der Studiengänge. Eine Datenbank zu den Studiengängen/-angeboten bietet der Hochschulkompass der Hochschulrektorenkonferenz (HRK). Diese wurde auch bereits öfters vom Stifterverband für Analysezwecke genutzt (vergleiche unter anderem Hochschul-Bildungs-Report). Eine größere Auswertung anhand dieser Datenquelle führt das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) in unregelmäßigen Abständen durch (Link). Kritik an dieser Datenquelle ist unter anderem, dass Veränderungen nur durch das Erscheinen und Verschwinden von Studiengängen aufgezeigt werden können, Veränderungen innerhalb von bestehenden Studiengängen würden unzureichend erfasst. Modulbeschreibungen haben im Vergleich mit Veranstaltungsdaten den Vorteil, dass das Thema der vermittelten Kompetenzen gezielt benannt wird und es immer etwa gleichwertige Beschreibungen gibt. Die Nachteile in der Analyse der Modulbeschreibungen: Auch hier werden Veränderungen nicht schnell deutlich, sie ändern sich im Vergleich mit den konkreten Veranstaltungen in der Regel selten (unter anderem bei (Neu-)Akkreditierungen). Die Modulbeschreibungen sind zudem oftmals recht vage gehalten (beispielsweise steht in einer Modulbeschreibung eher „Studierende erlernen die Grundlagen einer objektorientierten Programmiersprache“ anstelle von „Studierende erlernen die Programmiersprache C++“ wie es bei Veranstaltungsbeschreibungen der Fall ist). Ein weiterer Nachteil ist die derzeitige Aufbereitung der Modulbeschreibungen. Diese liegen nach Informationsstand des Stifterverbandes häufig nur in Form eines PDFs vor und eine Digitalisierung würde sich für den Stifterverband als schwierig erweisen. Eine umfangreiche Analyse der Modulbeschreibungen innerhalb der Studiengänge ist dem Stifterverband bisher nicht bekannt. Unter dem Projektnamen Plattform für inter*nationale Studierendenmobilität“ (PIM) werden jedoch derzeit Modulbeschreibungen digitalisiert und eine Moduldatenbank aufgebaut. Hauptziel von PIM ist die Anrechenbarkeit von Studienleistungen zwischen den Hochschulen zu vereinfachen, potenziell wären mit Hilfe der Datenbank jedoch auch weitreichendere Analysen/Recherchemöglichkeiten durchführbar. Neben PIM gibt es im Themenfeld der Digitalisierung von Bildungsnachweisen einige Akteure und Projekte, die versuchen die Hochschulinformationssysteme zu synchronisieren und Austauschformate sowie Schnittstellen zwischen den Systemen zu schaffen. Für eine Zusammenfassung der Projekte und Akteure im europäischen Raum in diesem Feld sowie als Ausgangspunkt zu weiterer Literatur hierzu siehe Rentzsch 2021. Potenzielle weitere Datenquellen zur Hochschullehre wären unter anderem Lehrmaterialsammlungen auf Lernplattformen wie beispielsweise Moodle oder Ilias, Befragungsdaten, Hochschulnachrichten und entsprechende Tweets oder die allgemeine Hochschulstatistik. Auch Das Portal GERIT (German Research Institutions) liefert wichtige Informationen zum Aufbau von Hochschulen.

Vorteile der Datenbasis Vorlesungsverzeichnisse

Die Analyse der Vorlesungsverzeichnisse bietet im Gegensatz zu Studiengangs- und Modulbeschreibungen den konkretesten Blick auf das, was an den Hochschulen passiert. Während Studiengangs- und Modulbeschreibungen normative Beschreibungen der Studieninhalte sind, sind die Veranstaltungen die konkrete Umsetzung der Hochschullehre. In den Veranstaltungsdaten erscheinen auch die Nuancen in der Ausgestaltung der Module und somit zeigt sich in dieser Datenbasis eher, inwieweit aktuelle Forschung der Dozierenden tatsächlich in die Lehre einfließt. Zudem sind die Veranstaltungsdaten nach Einschätzung des Stifterverbandes deutlich einfacher in eine geeignete Analyseform zu überführen. Insbesondere für die Erstellung eines Such- und Rechercheinstruments eignen sich Veranstaltungen aufgrund ihrer Konkretheit deutlich besser.